Auf dem Weg

Frank Hoppe, Natur- und Landschaftsführer.
Nachdem ich vom 01.Mai bis zum 22. September 2016 von Wuppertal, nach Santiago de Compostela und darüber hinaus gelaufen bin, bearbeite ich nachfolgenden, geblogten Reisebericht um ihn in Buchform zu bringen. Darüber hinaus werde ich diese Plattform nutzen, um weiterhin über meine Freizeitaktivitäten in der Natur zu berichten und wissenswertes weiterzugeben. Schaut hin und wieder mal rein, oder gebt der Facebook-Seite "Wandern-in-und-um-Wuppertal" ein Gefällt mir. Dann bekommt Ihr automatisch Bescheid, wenn es etwas Neues gibt!
Ich habe ganz gut geschlafen in meiner Gefängnisherberge. Natürlich raschelte es um 6.00 h wieder los, aber bis dahin, okay!
KüstenstraßeUm acht auf dem Weg nach San Vincent, nur Straße, gute Landschaften. Eine halbe Stunde war ich unterwegs und fand es sehr schön mit den Händen in den Taschen zu laufen. Bis ich mich fragte, wie kannst du beide Hände in die Taschen stecken? Warum kannst du sonst nicht beide Hände in die Taschen stecken? Der Stock, ich habe den Stock beim Tomate kaufen vergessen. Boah!!!! Ich hasse es zurückzugehen! Vierzig Minuten hin und zurück.
Ich habe Schnee gesehen! Nee, ich nehme keine Drogen! Weder Schnee noch welche die mich glauben machen Schnee gesehen zu haben. Pico de Europa, ein Gebirgszug in Küstennähe, dessen Gipfel auch im Sommer über Schneereste verfügen und die mir gefährlich nahe kommen.
Ich war um 12.00 h in San Vincent und musste bis 15.30 h warten, dass die Herberge öffnet. Herberge mit AussichtWieder sammelten sich die Pilger, aber da es 44 Plätze gab, war das heute kein Problem. Die Lage war Klasse mit toller Aussieht. Der Preis sollte 10 Euro betragen. Die Pilger die ankamen, entsprachen nur in Ausnahmen, den Menschen die ich einen Abend um mich haben möchte. Die wenigen Amerikaner, die ich in meinem Leben einzeln und persönlich kennengelernt habe, waren ohne Ausnahme sympathisch, freundlich, nett. Wenn die aber als Gruppe, auch wenn die Gruppe nur vier Personen zählt, im Ausland unterwegs sind..... Als wenn sie wieder mal eine ihrer beliebten Invasionen hinter sich gebracht haben. Der Hosteliero steht um drei vor der offenen Herberge um eine zu rauchen. Blondie, Anfang fünfzig erfolgsverwöhnt mit Tochter, deutsch. Wie erst in einer halben Stunde, wie anstellen? Oh, we are sooo tired! Augenaufschlag... Ich der direkt daneben saß, wir sind alle tired, manche sitzen hier Surfer- Kommune an der Küsteschon seit drei Stunden! Während die Tochter sagte, dass sie sich dann mal hinten einen Platz sucht, hätte die Mutter am liebsten aufgestampft.
Das Warten empfinde ich als lästig, aber wenn 40 Leute Betten, Duschen, Toiletten und Küche benutzt haben, dauert es auch seine Zeit bis alles sauber ist.
Es wird bis Punkt 15.30 h gewartet. Der Hosteliero öffnet mit den Worten. Venga Chickas. Alle schultern erwartungsvoll die Rucksäcke. Reihe, es wird abgestempelt. Nur abgestempelt? Wieso kann nicht dort abgestempelt werden wo man das Geld abgibt, seinen Personalausweis vorzeigt, seine Daten einträgt? Wie es bisher überall gehandhabt wurde. Weil wir uns wie die Hühner auf der Stange, genügsam einzureihen haben. Denn wir ersuchen schließlich um einen der heißbegehrten Herbergsplätze. Chicka ist das Huhn, Chickas sind die Hühner. Junge Mädchen, Teenager werden Chickas genannt. In Südamerika geläufiger für junge Prostituierte. Also können wir nur die Hühner auf der Stange sein.
Du musst nicht denken, dass es nach dem Stempeln weiterging. Alle gestempelt, alle in Reihe, alle warten. Erneut, Venga Chickas! Es durfte vorgerückt werden. Vorraum Schuhe weg, nächster Raum Rosa, die kaum noch gehen kann thront am Kopfende mit knallrot gefärbten Haaren. Alles sehr duster weil die Hälfte des Gebäudes im Berg steht. Ich stehe an dritter Stelle, vorher bereits habe ich einem Rentnerspanier, der als letztes kam, klar gemacht, dass er an mir nicht vorbei kommt und wo das Ende dieser scheiß Schlange ist. Tranquilo, tranquilo! Ja, tranquilo, aber da hinten! Boah!
Als ich gerade zahlen wollte, kam dieser Hosteliero und nahm mir den Stock ab, um ihn zu dem Stock-Mob zu stellen. Ne, dachte ich, packte meine zehn Euro wieder ein und ging. Kein Wunder, dass sie nur mäßigen Bewertungen haben.
Zehn Kilometer weiter gibt es ein Dorf mit einer kleinen Herberge und großen Garten. Bei 16 Ausläufer des Gebirgszugs Pico de EuropaPlätzen wird wohl kein Bett mehr frei sein, aber Garten und tolles Wetter...
Die Ausläufer des Pico de Europa kämmen näher und ich hatte 135 Höhenmeter auf nur 900 m Wegstrecke. Ein echter Knall. In Serdio angekommen, saßen einige Pilger in der Dorfbar und ich erfuhr, dass noch Betten frei waren. Ich nix wie hin, fünf Euro bezahlt, ganz toll geduscht. Eine Super Herberge! Klein, hell, sauber, richtig nett. Guter Entschluss!
Mädcheninternat InnenhofDie genannte Herberge hatte offene Türen und keinen Herbergsvater, auch keine Mutter. Ein riesiges Gebäude, das wie ich am nächsten Tag erfuhr, ein bischöfliches, von Nonnen geführtes Mädcheninternat war.
Raul der private Betreiber der Herberge war nicht aufzutreiben und ich nahm eins der freien Betten in Beschlag. Ein Schild, bitte nicht in Schlafsäcken ins Bett. Ein anderer Pilger zeigte mir die Schublade, aus der er für die anderen die Bettwäsche nahm. Super! Nachdem ich noch ein Häppchen in der Kneipe nebenan gegessen habe, habe ich geschlafen wie ein Baby.
Am anderen Morgen, gestern früh, war ich für die 40 km vom Vortag, sehr fit. Aber das eine und andere ziehen in den Gelenken sagte mir, dass wir ein Pensum von cirka 17 km am Tag haben und wir gestern doch für mehr als zwei Tage gelaufen sind. So habe ich bei Raul für zwei Nächte gebucht.
Einen Kilometer zum Strand mit Strandbar, die bereits morgens um 9.00 h geöffnet hatte, sodass Mädcheninternat Bibliothekich bei einem Tee die Pilgermasssen an mir vorbei rauschen lassen konnte. Es ist schwer beeindruckend was da so alles unterwegs ist. Die schnellen, frühen vorne weg, die ganz jungen, die durchschnittlichen, die die sich bereits morgens um 9.00 h nur humpelnd vorwärts bewegen, die Unsicheren, die trotz aller gelben Pfeile alle zwanzig Meter auf ihr Navi starren, die Alten denen ich wünsche, dass der natürliche Tod noch 500 km auf sich warten lässt. Und innerhalb aller dieser Gruppen, die sich bestimmt noch erweitern lasssen, gibt es die Punker, die Spießer, die Stillen und die Lauten... Und alle diese Menschen vereint im... im Weg? ....im Ziel? Hier wird es vielleicht beides sein. Wobei sich die Frage stellt, wie wichtig den meisten das Grab des heiligen Jakobus tatsächlich ist?
In der großen Bibliothek, in der ersten Etage, saß ich einige Zeit des Tages, um in Ruhe schreiben zu können, zwischendurch ein Mittagsschläfchen, so habe ich erst ziemlich spät ein letztes Glas Wein in der Nachbarkneipe getrunken. Leise schlich ich in den Schlafraum, schon allein um das drei Monate alte Baby nicht zu wecken. Nicht auszudenken... Als ich dann gerade einschlafen wollte, kam eine Peryon, die die obere Etage meines Etagenbettes benutzt. Recht leise, recht zügig. Als ich gerade einschlafen wollte kam ein Dieter (erste Nacht in Never). Halbstündiges Mädcheninternat NotbettTütenrascheln, Röcheln, okay er war sehr erkältet. Röcheln, die zue Nase freiblasen, röcheln, böses Bronchialhusten, schnaufen hach. Ich: Hach! Lautes Gähnen, schnaufen hach. Ich: Hach! Lautes Gähnen Ich: Ist jetzt mal gut? Das Baby schlief zum Glück weiter, alle anderen nicht. lautes Gähnen! Ich: Bettzeug, Schlafsack, Wertsachentüte, raus aus dem Zimmer, dreimal nach rechts im Vorratsraum fand ich nicht nur Platz, sondern auch ein paar ausrangierten Polster. Super! Polster, Bettzeug drauf und ich in den Schlafsack.
Leider hat Raul, den ich sehr schätzen gelernt habe während des einen Tages, zuerst den Garten und zum späten Abend hin einen großen Raum für einen Kindergeburtstag freigegeben. Gegen 1.00 h, ich hatte es mir gerade in meinem Vorratsraum bequem gemacht und hatte bis dahin noch nicht geschlafen, schlugen die 10-jährigen entgültig über die Strenge und veranstalteten eine Treibjagd direkt über meinem Kopf. Um zwei wurde es wohl auch den spanischen Aufsichtspersonen zu bunt und es kehrte Ruhe ein. Als ich gerade einschlafen wollte, jawohl, höre ich Stimmen auf dem Flur, einige und nicht leise. Als es dann fast wieder ruhig war und nur noch zwei Stimmen leise flüsterten, kamen Schritte immer Näher an meine Schlafstätte, ich hatte die Türe aufgelassen. Was mache ich also, es war dunkel, in Deutschland hätte ich gesagt, nicht erschrecken. Hier habe ich, als der Kopf auf Türhöhe war, beschlossen zumindestens SORRY zu sagen. Ups, sie hob förmlich vom Boden ab, schlug mit der Schulter vor die hintere Wand des Flurs und ergriff die Flucht. Leise aber panisch atmend kam sie mit ihrer Schwester zurück. Nicht Licht an, Taschenlampe. Diesmal sagte ich, buenos noches! Sie erschraken abermals, machten dann aber das Licht an. Wir kannten uns bereits vom Tag und sie sagten mir, dass sie den Krawallbruder rausgeschmissen haben und fragten ob ich dortbleiben wollte. Ich sagte sehr gerne und schlief dann tatsächlich von drei bis halb sieben durch.
Raul sah nach mir und entschuldigte sich mehrfach. Ich machte mich erst gegen 9.00 h auf dem Ehemaliges Gefängnis von ComillasWeg und kam gegen zwölf in Comillas an. Es warteten bereits zwei Pilger darauf, dass die Herberge um 15.00 h öffnet.
Als es dann soweit war, war die Herberge bereits ausgebucht und die letzten mussten weiterziehen. Die Herberge ist ein ehemaliges Gefängnis aus dem Pilgerherberge kurz Öffnung19. Jahrhundert und gehört wohl zu den Rundgangs-Sehenswürdigkeiten der altertümlichen Stadt. Ständig kamen Leute mit Kameras vorbei und weil sie das Gefängnis nicht von innen fotografieren konnten, haben sie kurzerhand die Pilger fotografiert. Manchmal ist es schon lästig berühmt zu sein.
Die wechselnden Interesse. Während das junge Paar aus Köln den Rucksäcke mit den Worten, jetzt aber nichts wie an den Strand aufs Bett schmeißen, schlendere ich, die Lebensmitte erreicht, durch die Stadt zum Hafen. Schon wieder Ebbe, ob das symptomatisch ist? Ich mag die Ebbe! Zum einen wird so auch der Untergrund sichtbar. Und was ich ganz besonders mag, an einem Hafen während der Ebbe, ist das Aroma. Unverwechselbar, mischt sich das klare Aroma des Ozeans mit dem Geruch der Algen und der zum Teil verwesenden Fischen. Unvergleichlich echt!
Comillas HafenComillas Hafen 2
In Frankreich stellte es kein Problem dar, auch nach drei Tagen erinnerungsnah zu schreiben, da ich dort so gut wie niemanden hatte, mit dem ich mich austauschen könnte. Hier, wo ich jeden Abend mit wenigsten einem Deutsprachigen sowie vielen Englischsprachigen zusammen komme, wird der Tag zum Teil reflektiert und die Erinnerungen vernebelt.

Trotz Alledem...

Auf schmalen TreppenAm Morgen des 08. August bin ich Richtung Gümes aufgebrochen. Erst mal eine lange Ebene, zum Teil am Gefängnis vorbei, gefolgt von einem irrwitzigen Auf- und Abstieg. Schmal und stellenweise so steil, dass die Hände zur Hilfe genommen mussten. Es war der kürzeste Weg von einer zur nächsten Bucht und ein toller Weg, der an einem Strand endete, an dem ich mich nur noch schwer beherschenBiskaya konnte. Aber da noch zwanzig Kilometer vor mir lagen, habe ich den Wunsch ins Wasser zusteigen verworfen. Zum Einen spannt das Salz des Wassers sehr unangenehm auf der Haut, wenn es getrocknet ist und zum Anderen müssen nur ein, zwei Sandkörner zwischen den Zehen verbleiben und es gibt womöglich richtige Probleme. Der Weg verlief über mehrere Kilometer am Strand. Zum Glück war gerade Ebbe, sodass ich prima auf dem harten, feuchten Sand laufen konnte, sonst wäre es eine ziemliche Quälerei gewesen. Lustig die Blicke derer, die nicht wissen, dass hier ein Pilgerweg verläuft. Vollbekleidete Personen mit Rucksack, Stock und Hut, rennen über den Sand.

Albergue del Abuelo PeutoGegen 16.00 h kam ich in der Kultherberge von Pater Ernesto an. Wobei Herberge trifft es nicht ganz, es war eher eine Pilgeranlage mit einer gigantischen Organisation. Es gab in den ursprünglichen Gebäuden, neben einer großen Bibliothek, einem sehr großen Aufenthaltsraum auch klassische Pilgerräume mit vielen Betten, aber es gab auch Bungalows für zwei bis fünf Personen mit WC und Dusche. Eine sehr schöne Kapelle, von der ich ein Panoramafoto gemacht habe, stand als Andachtsraum ebenfalls zur Verfügung.

AndachtsraumIch zählte ungefähr 100 Leute, die alle einen guten Patz bekommen haben und für noch mehr Menschen stehen Zeltbungalows zur Verfügung, die ebenfalls über Betten und Strom verfügen.

Gemeinsames AbendessenEs gab ein schönes, gemeinsames Abendessen sowie ein spanisches Frühstück, d.h. Brot, Konfitüre und Kaffee.

Alles auf Spendenbasis! Es gibt auch keine kirchlichen oder kommunalen Zuschüsse. Da kann ich auch verstehen, dass eine halbe Stunde vor dem Abendessen eine Versammlung aller Pilger stattfindet, bei der in spanischer und englischer Sprache über die Entstehung, die Entwicklung und eben auch über die Notwendigkeit gesprochen wurde, an seinen Obulus zu denken. bei dieser Gelegenheit wurde auch ein Weg beschrieben und den Pilgern als besonders schön ans Herz gelegt, der etwas vom normalen und gekennzeichneten Pilgerweg abweicht.

Das Abendessen war einfach und gut. Es gab Suppe und Nudeln, dazu Wasser und Wein, als Nachtisch Obst. Toll waren die zwei großen Essenstafeln. Als wir beim Nachtisch angekommen waren, kam Pater Ernesto selbst noch mal mit seiner Dolmetscherin an die Tische. Und du kannst an den Augen mancher Pilger sehen, wie schnell Gurus und Sekten-Strukturen geboren sind. 

Meine Hütte teilte ich mir mit einem Franzosen, einem Schwaben und zwei sehr sympathischen Albergue del Abuelo peute MorgenstimmungItalienern. Der Schabe kann von Glück reden, dass es sich bei der Hütte um Massivbauweise handelte, sonnst wäre er heute noch mit dem Wiederaufbau beschäftigt. Was hat der geschnarcht. Die Italiener haben morgens auch ganz suptil gefragt wie ich geschlafen hätte. Ich sagte, dass wir dafür kein Tigerproblem hatten. Fröhlich winkend fuhr der einzige Ausgeschlafende, ("Da hätte ich doch fast verschlafen!") mit seinem Fahrrad eine halbe Stunde später an mir vorbei. Das war ein Typ...

BiskayaEtwas später kam ich an der oben angesprochenen Wegvarianten an, die ich einfach den Pfeilen und nicht der Empfehlung nach ging. Allerdings war festzustellen, dass der Weg angepasst wurde und was sich auch wirklich gelohnt hat. Es bleibt festzuhalten, dass es sich um eine gute, aber mittlerweile überflüssige Empfehlung handelt. Denn wer sich dran hält, klettert erst mal einer zu. Strand und von dort aus hoch auf die Klippen, um sich da dann mit dem regulären Weg zu verbinden. Der Klippenweg war die absolute Wucht. Es verlief bis auf wenige Ausnahmen fast ausschließlich einen halben bis ein Meter von der Abbruchkante entfernt und bot einen tollen Blick über die kleineren Buchten bis hin zur Bucht von Santander. Diese Bucht wurde wieder mit Hilfe einer Personenfähre überquert. Bucht von SantanderSantander war mir persönlich sehr unsympathisch, so dass ich den Entschluss, den ich abends zuvor mit den Italienern getroffen hatte sehr gut hieß. Die Altstadt lohnt sich gar nicht. Warum? Weil es sie nicht gibt! Im Jahre 1941 hatte ein verheerender Tornado, wie es ihn in Europa nur sehr selten gibt, die komplette Altstadt verwüstet. Es wurde im einheitlichen Baustil wieder aufgebaut. Will sagen, eher langweilig. Klugscheißer-Wissen: Santander wird im übrigen nicht San - tander ausgesprochen, wie es viele, auch die ehemaligen Citibank Angestellten, die von der Banco de Santander übernommen wurden tun, sondern Sant - an - der, wie es mir von verschiedenen Spaniern auf Nachfrage bestätigt wurde.

Mit dem Zug ging es dann durch sehr stark industralisierte Peripherie, zwei Etappen weit nach Barrea, von dort nur noch an einem riesigen Solvaywerk vorbei und dann wieder durch schöne Landschaft, 10 km nach Santillana de Mar. Unterwegs schüttete es wie aus Containern, Oh wie schön ist es einen ordentlichen Poncho zu besitzen. Und Finger weg von Wolfskin-Schuhen. Das gleiche Thema wie bei den reklamierten Schuhen, dessen Reklamation anerkannt wurde, der linke Schuh zieht Wasser.

SantillianaUm 17.00 kam ich in Santillana de Mar an, wo die Italiener bereits bei einem Bier saßen Ich bin nach Wanderführer ausgesfiegen, die beiden haben eine Bahnangestellte gefragt und sind nur fünf Kilometer gelaufen.

Santillana de Mar ist eine Puppenstube des Mittelalters. Der Wanderführer vergleicht es mit Rothenburg a. d. Tauber. Mein Gott, was für Menschenmassen. Und das an einem Dienstag. Die komplette Stadt, komplett ausgebucht. Ich hatte bereits dreißig Kilometer und ging weiter. Der nächste Ort mit Herbergen 12 km entfernt, ungefähr 300 Höhenmeter. Es gab unterwegs doch mittlerweile Herbergen, von denen mein Wanderführer nichts weiß, aber alle ausgebucht. Ich erreichte Cóbreces gegen 21.00 h, weil ich keine Möglichkeit einer Pause ausgelassen habe und mir zwischenzeitlich auch dringend trockene Socken anziehen musste.

Ich bin davon ausgegangen auf einer Bank zu schlafen und schellte bei einer kleinen empfohlenen Herberge, um schon mal für morgen zu reservieren. Auch für den anderen Tag ist bereits alles ausgebucht, aber in hundert Metern ist eine weitere Herberge...
Angekommen bei den Pilgern.
Die Empfangsnonne machte mich darauf aufmerksam, dass um 19.00 h ein Besuch des Gottesdienstes in der angrenzenden Kirche der Dreifaltigkeit erwünscht sei. Es war der erste Gottesdienst in Spanien. Kein Wort verstanden, aber da die katholische Liturgie immer die gleiche ist, war nach einem bestimmten Sing Sang klar was als nächste kam. Am Ende wurden die Pilger gebeten zu bleiben und nach vorne zu kommen.
Stuhlkreis mit Nonnen Der Pastor begrüßte uns mit Handschlag und ein paar freundlichen Worten zu dem jeweiligen Heimatland, das er zuvor erfragt hat. Eine Schwester spielte Gitarre, während er ein allgemeines Gebet über uns Pilger sprach. Als er bei den persönlichen Segnungen seine Hand auf meinen Kopf legte, konnte ich mich nur noch schwer zusammen reißen. Ich bin einfach zu sensibel für so'n Zeugs! Vielleicht ist es der fehlende Segen des eigenen Vaters, der solche Reaktionen hervorrufen. Auf der anderen Seite heul ich andauernd in der Kirche. Das ist ein Qualitätsbarometer. Wenn ich nicht heulend aus dem Gottesdienst komme, war der aber so richtig schlecht.
Nach dem Segen, trafen wir uns in einer Kapelle zu einem großen, wie soll es anders sein Stuhlkreis. Diesmal war auch noch ein Haufen Farbiger dabei, eine Intergrationsgruppe aus Madrid die bereits den zweiten Tag da war und sich ihren Segen bereits abgeholt hatten. Gruppentherapie, jeder sagt wie er heißt, wo er herkommt und warum er unterwegs ist. Zwischendurch wurden spanische Pilgerlieder gesungen, Die Gitarrenschwester war auch dabei und eine Trommel wurde weitergereicht. Abgesehen davon, dass es Menschen in allen Nationalitäten gibt, die meinen, sobald sie einen Stuhlkreis sehen ihr Leben ausbreiten zu müssen, war auch diese Stunde vor dem gemeinsamen Abendessen, sehr gelungen, sehr schön. Die Kameruner aus der Intergrationsgruppe, es gab auch welche aus anderen afrikanischen Staaten, gaben noch ein Pilgeresssnafrikanisches, aber in französischer Sprache gesungenes Lobpreislied zum Besten, das von allen mitgesungen werden konnte und auch sehr gehaltvoll war.
Danach das gemeinsame Abendessen, nach dem noch eine Dreiviertelstunde Zeit war, ein Glas Wein zu trinken, um dann pennen zu gehen.
Die Nacht war okay, wenn sich auch ein Bett jedesmal ganz böse über den stark übergewichtigen Pilger aus Osteuropa beklagt hat, wenn sich der oben auf dem Etagenbett gedreht hat. Mein Lieber...
Kurz vor acht war ich wieder draußen, das hat sich mittlerweile so eingespielt. Habe noch etwas gefrühstückt und bin dann die viereinhalb Kilometer am Strand lag zur Fähre gelaufen.
Die Herberge macht erst um 12.00 h auf, aber ich habe den Unwissenden gegeben, bin dem BoatpeopleHerbergsvater in die Arme gelaufen und durfte meinen Rucksack bereits abstellen. Bekam einen Schlüssel und wurde gebeten erst um eins wieder zu kommen, wegen zusätzlicher Anstreicharbeiten die bis dahin noch gemacht werden müssen. Nein, auch das kann ich nicht auf Spanisch, ich stand aber neben dem Anstreicher, als er es mir erklärte.
Oh mein Gott, jetzt läuft hier gerade diese Entensong auf Spanisch. Volksfest auf der Plaza in Santoña! Ich trinke meinen zweiten Earl Grey und habe bereits meinen heutigen Blogeintrag fertig. Na ja, morgen wird es mit 29 km entsprechend anstrengender.
Nachtrag: Was ich doch ein von den Göttern Begünstigter bin... Da habe ich den letzten freien, nicht reservierten Platz bekommen.
Wie eigentlich seit Jahren jede Nacht, bin ich auch diese Nacht wach geworden und... himmlische Ruhe! Diese Ruhe entschädigt mich für, sagen wir... drei zukünftige Schnarchnächte. Es ja nicht so, dass ich mir Töten Freude bereiten würde. Obwohl, ich ein leichtes Kratzen im Hals verspürt habe und M. aus er Eifel meinte, dass schon jemand geschnarcht hätte, es aber kein Vergleich mit den Tagen zuvor war. Mmh, ob ich? Sollte ich etwa?
Biskaya Küstenweg Obwohl es heißt, dass der Küstenweg moderater verläuft, sobald Bilbao hinter einem liegt, befindet sich doch immer mindestens ein Aufstieg auf dem Weg, der ein echter Knaller ist. Der Weg geht halt von einer Bucht zur nächsten, die von hübsch anzusehenden Bergen gerahmt sind. Heute zum Beispiel, gab es 200 Höhenmeter auf 2,5 km hoch und auf ungefähr 2 km wieder runter. Das ist heftig!
Um halb zehn kam ich in Laredo an und bestellte erstmal einen Breakfast-Tee und ein Croissant, weil es heute morgen aber so gar nichts gab. Das kanadische, sehr sympathische Ehepaar saß bereits dort und er fragte mich wie weit ich heute gehe. Spontan entschied ich mich, mal nach sieben Kilometer Schluss zu machen. Weil mir jemand mein guten Schlaf- Strand- Stadtshort geklaut hat. Und in dieser kantabrischen Touristenhochburg, werde ich da wohl fündig. Zumal es hier eine freundliche, von Ordensschwestern geführte Herberge geben soll.
Beides traf zu. Die Herberge ist was die Ausstattung angeht, okay, das Gebäude toll, die Schwestern total nett.
Den Short bekam ich auch. Nur ärgerlich, dass sowas nötig ist. Und weil ich bei aller nötigen Sparsamkeit nicht mit einem Anker auf einem blauen Short rumlaufen werde... Und sie ist Wasser tauglich, d.h.: Die fehlende Badehose ist damit kompensiert.
Der eigentliche Grund meines Bleibens ist aber der, dass ich keine Lust habe wie eine Reisegruppe Landzunge von Laredo Kantabrienunterwegs zu sein. Die Etappen, die sich nach den Herbergen richten, sind hier auf dem Küstenweg so gestaltet, dass Du unweigerlich die Hälfte der Truppe abends wieder triffst. Die andere Hälfte besteht meistens aus Weitwanderer, die am Tag über 30 km zurückgelegen. Das heißt, dass morgen auch noch mal eine kurze Etappe kommt, weil die darauf folgende von sich schon 29 km hat. Gestern gab es, da eine Küche vorhanden war, ein gemeinsames Essen, natürlich von denen die sich seit drei Tagen kennen. Ich habe nur mitgegessen, gekocht hab ich mir selbst was. Ich Glücklicher! Vor und nach dem Essen fanden auch gute Gespräche statt, für die man sich schon wenigstens diese drei Tage kennen muss. Aber dann darf für mich auch was neues her.
Und hier in Laredo tobt der Mob! Beachvolleyball Turnier an einem Strand, ...also es ist mehr eine Landzunge, was in diesem Fall bedeutet, eine Seite unfähr vier Kilometer Strand, auf der anderen Seite, 200 Meter entfernt auch vier Kilometer, dazwischen Hotels. Hier ist was los... Ich war gerade mal am Strand, Beachvolleyball... ja nicht was du jetzt denkst...da haben nur Männer gespielt. Also wollte ich auch meine Füße mal etwas ins Wasser halten, war es weg. Fast so weit wie an der friesischen Nordsee. Ebbe!
Seit bereits Vorgestern bin ich in Kantabrien. Das macht sich erst mal an den Schildern bemerkbar. Während die Hauptschilder bei den Basken zweisprachig sind, spanisch und baskisch, sind die lokalen Hinweisschilder ausschließlich nur in baskisch. Da erkennt man nichts, keinerlei Übereinstimmungen mit der spanischen Sprache. Sehr anstrengend.
Alles andere ändert sich langsam. Die Menschen werden langsam offener, die Tapas, die hier auch so heißen haben noch sehr viel Ähnlichkeit mit ihren baskischen Verwandten, sind aber bereits von allgemein bekannten Tapas unterwandert.
Die Kantabrier vor rund 2.000 Jahren waren die Iberier, die den römischen Besatzer am längsten Widerstand geleistet hat. Um so mehr wurde es am Ende romanisiert was mit ein Grund dafür sein kann, dass das Kalabrisch sich fast überhaupt nicht vom Zentralspanisch unterscheidet.