Race 61 Finofurt 2013

„Jede Reise bringt einen Menschen weiter. Man kommt nie so zurück wie man losgefahren ist .....“
Text und Fotos: Peter Su Markus

Die Fahrt zum Race 61 war gut geplant. Ruhige Anfahrt am Donnerstag. Ein wenig die Umgebung von Finowfurt erkunden. Ein wenig „Kultur“, ein wenig Land und Leute und ab Freitag dann entspannt in die Atmosphäre des Race 61 eintauchen. Danach noch ein paar Tage in Berlin. Auf dem Rückweg in Thüringen einen bei eBay für kleines Geld ersteigerten, einer Skulptur gleichenden XS Motor einsammeln. Und all das möglichst entspannt.   

Erste Eindrücke sammeln und verarbeiten. Fotos machen und sich eine Meinung bilden. Sich von der Ausdruckskraft des Geländes beeindruckt und inspiriert zeigen. Einiges im positiven Licht betrachten. Einiges von seiner negativen Seite beleuchten. Im Großen und Ganzen dem üblichen Blah, Blah eingefahrener Wege folgen, auch wenn der Anspruch besteht immer auch das Besondere einer solchen Veranstaltung zu entdecken. In der Tat ließe sich der Freitag in diesem Sinne beschreiben.
    
Den Vormittag in Eberswalde verbracht, geht es gegen Mittag Richtung Finowfurt. Dort entspannt den Rentner Benz in der ersten Reihe geparkt, wird das Veranstaltungsgelände einer ersten Inspektion unterzogen und für gut befunden. Die überall auf dem Gelände abgestellten Flieger russischer Herkunft wissen in der Tat zu beeindrucken, die unter den Tragflächen abgestellten Hot Rods und Bikes tragen ebenfalls dazu bei, das Besondere dieses Ortes erfahrbar zu machen.

Bei einem der ersten Bikes, das mir vor die Kamera rollt, handelt es sich um ein noch junges und doch gut bekanntes Exemplar. Allerdings wird die Flakester, die noch vor wenigen Wochen als Lotteriebike der Kustom Kulture Forever in Herten als Preis ausgelobt wurde, nicht von seiner glücklichen Gewinnerin gelenkt, sondern zaubert nun ein breites Grinsen in das Gesicht von Frank Sander, seines Zeichens Kopf der Independent Choppers Crew aus Düsseldorf.

Nachdem dieser bereits unmittelbar nach der Verlosung sein Kaufinteresse bekundet hatte, fand die Flakester über einige Umwege ihren Weg zu Independent Choppers und Frank, um fortan als persönliches Bike des Chefs seinen Dienst zu leisten.

Obwohl die Flakester seinen Vorstellungen eines Old School Bikes im Großen und Ganzen entsprach, konnte er es sich nicht verkneifen, die etwas schwammigen Stoßdämpfer auf den Müll zu werfen und das Heck starr zu legen. Der verbaute Vergaser mit dem der Motor seiner Aussage nach etwas zu ruppig am Gas hängt wird wohl in nächster Zeit ebenfalls seinen Platz räumen müssen. Das sollte es dann aber auch schon gewesen sein. Denn wie Frank betonte gefiel ihm das Bike so wie es war.

Neben der Flakester, die mit ihrer noch jungen Geschichte und ihrer außergewöhnlich ansprechenden Ausführung eines der interessantesten Bikes mit amerikanischen Wurzeln auf dem Gelände darstellt, fällt die besondere Dichte der Bikes mit Ostblockgeschichte ins Auge.

Neben einer Reihe radikaler Umbauten auf AWO Touren und AWO Sport Basis, präsentieren sich zahlreiche Bikes der Marken Simson, EMW und Ural im klassischen Look der 50´ger und 60´ger Jahre.

Die Fahnen der japanischen Reisbrenner werden vor allem von diversen SR 500 und XS 650 aus dem Hause Yamaha hochgehalten und die Engländer werden selbstbewusst durch Bikes der Marke Triumph in  unterschiedlichen Baureihen und Jahrgängen repräsentiert.

Der größte Anteil der Rods wird erwartungsgemäß von Fahrzeugen auf Fordbasis gestellt. Daneben fällt die hohe Dichte an klassischen Customs ins Auge, die gemeinsam mit den Fahrzeugen europäischer Automobilkultur der 60´ger und 70´ger Jahre ein bunt gemischtes und facettenreiches Bild bieten und die Vorfreude auf die Rennen am Samstag und Sonntag stetig wachsen lassen.

Obwohl der am Nachmittag beständig zunehmende Zulauf an Fahrzeugen bereits eine Idee der zu erwartende Dimension an den kommenden Tagen vermittelt, sorgt die Weitläufigkeit des Geländes und die gute Stimmung unter den Anwesenden für eine angenehm entspannte Atmosphäre.

Samstag gegen 11:00 Uhr sieht das ganze dann bereits deutlich anders aus. Nun strömen die Massen und bereits zu dieser frühen Stunde wandelt sich der Gedanke an einen Parkplatz in der Nähe zur spinnerten Illusion. Stattdessen ist ein gemütlicher Morgenspaziergang angesagt. Am Gelände angelangt, ist von der Ruhe und Gelassenheit des Vortages kaum noch etwas zu spüren.

Wo gestern dem Blick noch die Möglichkeit geboten wurde Gedankenverloren zu schauen, herrscht nun geschäftiges Treiben. In Erwartung des Rennens wird bereits eine Menge Gummi auf dem Asphalt verbrannt, wohl um spätere Konkurrenten bereits im Vorfeld in ihre Schranken zu verweisen.

Ob des bunten Treibens ist zu erwarten, dass es auf der Tribüne im Startbereich des Rennens voll werden wird, und so sichert man sich dort bereits die guten Plätze. Die Fahrradfahrt eines Crewmitgliedes entlang der Rennstrecke wird mit wohlwollendem Beifall belohnt, der Hund, der ihn auf halber Strecke überholt, weckt bereits Begeisterung.

Das kleine weiß/rote Flugzeug das kurze Zeit später die Rennstrecke in geringer Höhe überfliegt, zieht die Blicke der Anwesenden in seinen Bann. Es folgen Steilflüge, Spiralen und Loopings. Selbst die Fahrer, die sich mit ihren Autos und Bikes im Bereich hinter der Tribüne zum Rennen sammeln, folgen den schwerelos scheinenden Kunststücken mit den Augen.

In einer weiten elegant geflogenen Schleife, wird der Pilot seine Maschine in die Rückenlage bringen, um den gesamten Streckenverlauf dicht über dem Boden zu überfliegen.

Einige der Zuschauer werden sich über die geringe Höhe wundern. Unmittelbar hinter den Bus der Rennleitung wird der Pilot versuchen seinen Flieger zu drehen. Nach etwa 90° wird er mit der rechten Tragfläche die Oberkante einer Solarpanelle streifen. Er wird sich einen Teil der Tragfläche abreißen und eine dumpfe klingende Explosion auslösen. Während die der Explosion folgende dichte Rauchwolke langsam in den Himmel wächst, wird sein Flugzeug nach rechts in das Solarfeld katapultiert. Er wird dort im nicht sichtbaren Bereich den Tod finden und die Besucher des Race 61 in zwei Gruppen teilen.

Während die einen, sprachlos berührt auf der Tribüne stehend, jedes besseren Wissens zum Trotz anhaltend darauf hoffen, das der Pilot zwischen den Solarpanellen auftaucht und winkend signalisiert, das es ihm gut gehe, gehören die anderen zu der Gruppe, die in der Folge die Meinung vertreten werden, dass das Fliegen wohl kaum etwas mit dem Rennen zu tun hat und es dementsprechend keinen Grund gebe, das Programm auszusetzen, nur weil an der Stelle an der nun ein einsam und still vor sich hinblinkendes Blaulicht aus dem dichten Feld der Solarpanelle ragt, ein Flugzeug verschwand und ein Mensch vom Leben in den Tod gegangen ist.

Nun, ich gehöre zur Gruppe derjenigen die sahen wie er dort verschwand. Ich habe gesehen, ich habe gehört und wurde darüber Zeuge des Todes eines Menschen, der aus welchem Grund auch immer unterhalten wollte.

Wie schön wäre es, wenn mir als Erinnerung an diesen Tag die Blicke der beiden Rodder blieben, die einem kleinen weiß roten Flugzeug folgten, sich an seinen Kunststücken erfreuten und ihm folgten bis es sich am Horizont verlor, um danach eines der Rennen zu fahren, von denen an diesem Tages keines mehr stattfinden sollte.

„...... man wird reifer, erfahrener, toleranter und weiser.“

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