3rd Rust n Dust Mud Jalopy 2011
Text und Bilder: Peter Su Markus
Rost und Staub, eine klare Ansage und ein ebenso klares Versprechen, mit dem die Überschrift für die zentralen Themen des Hot Rod Treffens im Herzen Mecklenburgs warb. Doch angesichts des überaus ergiebigen Starkregens, der sich seit über 50 Stunden in ununterbrochener Folge über das Land ergoss, konnte am Wochenende um den 23. Juli zumindest von Staub keine Rede mehr sein.

Bereits die Anfahrt aus dem Ruhrgebiet forderte ihren Tribut. Dauerregen ab Hamburg hatte die Elektronik unseres Ford Transits (Baujahr 2008) kurz vor der Ausfahrt Rostock West in die Knie gezwungen und uns in die Obhut des ADAC getrieben. Während der Transit in einer Rostocker Ford Fachwerkstatt landete, wurden die verbleibenden 50 Km bis Teterow im ADAC Club Mobil zurückgelegt, das uns als Premium Mitglieder von Abschlepp Harry für die nächsten Tage zur Verfügung gestellt wurde. Alles in allem also keine wirklich guten Vorrausetzungen für ein entspanntes Wochenende.

In Teterow angekommen, stellte sich die Lage vor Ort kaum besser dar. Die einzigartige Kulisse des Teterower Bergrings, die das Treffen in den zurück liegenden zwei Jahren zu einem besonderen Ereignis machte, versank Knöcheltief im Matsch und es war bereits am Freitag klar, dass das geplante Gleichmäßigkeitsrennen auf dem historischen Bergring unter den gegebenen Bedingungen nicht würde stattfinden können. Von der Tatsache, dass der ebenfalls für den Samstag geplante „Tag der offenen Türe“ auf dem benachbarten „Speedway“ bereits komplett abgesagt worden war, zeigten sich die bereits angereisten Hod Rodder jedoch wenig beeindruckt.

Die ausgegebene Parole unter den Freunden amerikanischer Car Kultur der frühen Jahre enthielt als Garant einer ungebrochen guten Laune eine denkbar einfache Botschaft.

„Wenn nicht Rust n Dust, dann eben Rust n Mud!“

Bereits an dieser Stelle zeigte sich in welchem Rhythmus die Herzen der „Ost“ Rodder schlugen und worin sich dieses Treffen in aller Deutlichkeit von einer vergleichbaren kommerziellen „West“ Veranstaltung unterschied. Auch wenn der Vergleich zwischen Ost und West Jahrzehnte nach der Wende zur Gänze ausgelutscht scheint, machten die Rodder aus dem Osten auf mich einen herzerfrischend klaren und unkomplizierten Eindruck. Die Bezeichnung „Ossi“ möchte ich aus diesem Grund nicht abwertend verstanden wissen. Vielmehr bedeutet sie für mich ein deutliches „Daumen hoch“ für positives Denken, an dem sich mancher „Wessi“ ein Richtung weisendes Beispiel nehmen könnte.

Während es sich viele „westliche“ Rodder angesichts solcher Regengüsse sicherlich zweimal überlegen würden, ihren Rod überhaupt aus der schützenden Garage zu rollen, stürzte sich der Osten mit offenen Armen und Ansaugstutzen in die Fluten und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Wesentliche Bestandteile, wie die obligatorische Händlermeile, der Teilehandel oder sonstige Bespaßungen, die die Besucher über den Tag bei Laune halten und im Westen ein solches Treffen für die passiven Massen interessant und damit auch für die Veranstalter lukrativ machten, fielen hier mit Ausnahme des Smokin Shutdown Zeltes kurzerhand dem Wetter zum Opfer. Für alles andere hieß es ab Samstagmittag mit wehenden Fahnen ab in den Matsch.

Die Tatsache, dass der Bergring gesperrt war, stimmte die Summe der anwesenden Rennwilligen und Besucher zwar traurig, doch von den im Westen zu solchen Anlässen schnell aufbegehrenden Stimmen, die einen Mangel an Organisation propagierten und sich rundum um den Spaß gebracht fühlten, war hier nichts zu hören. Dass das Wetter so war wie es war, dafür konnte niemand etwas und schließlich gab es ja auch noch einen kleinen Rundkurs, der zwar keinen Raum für ein Rennen bot, aber dafür mit „Mud“ ohne Ende lockte.

Und auch in der Frage der nötigen Sicherheitsvorkehrungen orientierte man sich im Osten im Gegensatz, zur der im Westen zu solchen Anlässen an den Tag gelegten Hysterie, wie selbstverständlich am amerikanischen Vorbild.

„Du willst ganz dicht am Ring und mit beiden Beinen am liebsten direkt im Matsch stehen, wenn die Rod`s an dir vorbeifliegen und dich von oben bis unten einsauen? Na dann viel Spaß!“

In Gedanken sah ich bereits das Heer unqualifizierter und unterbezahlter Ordner aufziehen, die im Rahmen westlicher Veranstaltungen, jeden Benzindunst geschwängerte Nähe suchenden Besucher unmissverständlich und ohne die geringste Duldung eines möglichen Widerspruchs seiner Träume beraubten und weit hinter die Grenze einer möglichen Gefahrenzone zurück drängten. Doch bis auf einen, der einzig die Zufahrt der Rod´s und Bikes zum Ring im Auge behielt und sich ansonsten nicht im geringsten um das geschehen am Ring kümmerte, suchte man Ordner der oben beschriebenen Art hier vergebens und auch von der im Westen obligatorischen Feuerwehr, die aus Sorge um das Wohl der Besucher eine solche Veranstaltung mit abstrusen Anordnungen in kürzester Zeit nachhaltig Kaputtorganisieren konnte, fehlte jede Spur.

Als gegen Mittag die ersten Zündschlüssel in den Schlössern gedreht wurden, sich die Motoren regten und sich allen voran Hot Rod Legende Klaus Lehmann, mit seinem als Stock Car aufgebauten 32er Ford 5-Window-Coupe in Richtung Matschring in Bewegung setzte, war klar, dass es nun schmutzig werden würde.

In den folgenden Nachmittagstunden, werden sich einige der Zuschauer, die die Rod´s nicht in ihrem ursprünglichen Zustand gesehen hatten, mit der Frage nach der Farbe der einzelnen Fahrzeuge beschäftigt haben.

Eine wie ich finde durchaus berechtigte Frage, denn bereits nach der ersten Runde „Matschring“, zeigten sich die Protagonisten in allen Bereichen einheitsfarblich. Die Kleidung der Fahrer, ihre Haare, Brillen, Nasen, Ohren, Mund und Zähne. Die Hot Rod´s, Innen, Außen, von Oben, von Unten, sowie im Motorraum, der Motor ebenso wie Vergaser und Luftfilter. Innerhalb kürzester Zeit war alles in einem einheitlichen schmutzig matschgrauen Farbton gehalten.

Gerade weil es dem Ganzen in dieser Form so deutlich an einem Sinn gebenden Inhalt mangelte, stellte es an diesem einzigartigen Ort ein Fest für die Sinne dar. Ein Tun, das in seiner Sinnlosigkeit jedes Hot Rod Herz höher schlagen ließ. Während mehr und mehr Fahrer mit ihren Hot Rod´s und Bikes unter dem Beifall der Zuschauer der gebotenen Möglichkeit zum Schlammbad folgten und den Weg zum Ziel ausriefen, stellte sich mir die Frage, was diese Fahrzeuge in ihrem Leben nicht schon alles gesehen und erlebt hatten, bevor sie an dieser Stelle nun einzig und ausschließlich dem Spaß und dem puren Verbrennen von Treibstoff dienten. Im Rahmen dieser Überlegung schlug ich eine gedankliche Brücke zu unserem Ford Transit, den wir in Rostock zurücklassen mussten, weil er offensichtlich keinen Regen mochte und seine Elektronik bei Feuchtigkeit in regelmäßigen Abständen ihren Dienst verweigerte, ohne dass sich auch nur ein einziger der angeblich sehr gut ausgebildeten Mechatroniker diverser Ford Fachwerkstätten im Ruhrgebiet in der Lage sah zu sagen warum.

Da einige der Fahrzeuge, die hier Runde um Runde ihre Bahnen durch den Schlamm zogen, ebenfalls auf Forttechnik basierten, die allerdings schon vor 50, 60, 70 oder mehr Jahren ohne jede Elektronik auf einfachste Weise funktionierte und diese Funktionsfähigkeit unter den hier herrschenden Bedingungen auch heute noch auf überaus eindrucksvolle Art und Weise unter Beweis stellten, lässt alle technischen Errungenschaften mit denen sich Ford zum gegenwärtigen Zeitpunkt rühmt und deren funktionales Eigenleben mit einer ausgeprägten Neigung zum Versagen selbst Fordfachwerkstätten vor unlösbare Rätsel stellen, in einem überaus ärmlichen Licht scheinen.

Luftfilter die sich mit Schlamm zugesetzt hatten, wurden unter Einsatz eines Wasserschlauchs und einer Druckluftbehandlung wieder auf Funktion gestellt und für die nächsten Bahnen im Schlamm mit einem übergestülpten Plastikeimer getunt. Ein ebenso einfaches wie effektives Mittel. Als dann am frühen Nachmittag der Regen ob solcher an den Tag gelegten Ignoranz die Segel strich und die letzten dicken Tropfen von den Bäumen gefallen waren, konnte sich kaum noch jemand daran erinnern, dass das eigentliche Ziel des Tages ein gänzlich anderes gewesen war.

Ein Vertreter des örtlichen Speedway Clubs, dessen „Tag der offenen Türe“ wie bereits erwähnt dem Regen zum Opfer gefallen war, brachte es mit einfachen Worten auf den Punkt:

„Iss schon verrückt! Zum Speedway wäre bei so einem Dreckswetter kein Mensch gekommen und hier scheint weder das Wetter, noch der Dreck etwas zu sein, für das sich die Leute sonderlich interessierten. Echt verrückt!“

Dann schiebt er eine seiner geliebten Speedway Maschinen ans Licht und fragt mich ob ich nicht auch ein Foto von ihm, seinem Kumpel und seiner Maschine machen könne. Nur so zum Spaß. In dem Matsch will er damit allerdings nicht, auch wenn es ihm inzwischen gehörig in den Fingern zu jucken scheint.