Gestern, ging es den ganzen Tag an einem, parallel zur Mosel verlaufenen Kanal entlang. Ohne Auf- und Abstiege, aber auch sonst ohne Höhen und Tiefen. Nach ca. 20 km habe ich mein Zelt auf einer frisch gemähten Wiese, im Schutze eines sehr alten, schön verwachsenen Apfelbaumes aufgebaut.
Apfelbaum mit ZeltTagsüber nimmt man einzeln Geräusche nur verschwommen wahr, nachts sieht es dann wie folgt aus, bzw. hört ich wie folgt an:
Die Wiese befand sich unmittelbar neben dem Wanderweg, der bekannter Weise parallel zu einem Kanal verläuft. Dieser Kanal war ein ziemlich vermokter Kanal, in dem sich die Amphibien zu einem Nachtkonzert trafen. Man meint es nicht aber die sind richtig laut. Allerdings, nicht so laut wie der TGV oder ein Güterzug, die auf der anderen Seite des Kanals, die ebenfalls parallel zum Wanderweg verlaufenden Gleise benutzen. Die sind auch lauter als die LKWs, die über die parallel zu den Gleisen, dem Kanal und dem Wanderweg liegende Nationalstraße brettern. Wir hatte alle viel Freude. Die Lkw-Fahrer, die Lokführer, die Kröten und ich.

Der Tag beginnt mit 6 km Kanal, bringt mich aber dann auf 150 m über Moselneveau um weiter auf den Pfaden kriegerischen Auseinandersetzungen zu wandeln. Mein Weg führt mich in den Bois de Prêtre, den Priesterwald, in dem noch heute die Schützengräben deutlich zu sehen sind. Am 20. April 1915 meldete die oberste Heeresführung, dass eine wichtige Stellung der Franzosen im Priesterwald unter hohen französischen Verlusten eingenommen werden konnte. Die eigenen Verluste wurden aus Gründen der Propaganda wohlweislich nicht genannt.
Alliierte überqueren die MoselGestern übrigens, bin ich an der Stelle vorbeigekommen, an der die Amerikaner im September 1944 die Mosel überquerten.
Nun ist nicht schwer in Europa täglich über irgendwelche Stellen zu rennen, an denen nicht irgendwelche Schädel eingeschlagen wurden.
Ich denke mir das so: Als der Hommo Sapiens von Afrika nach Europa kam, blieben die einen am warmen Mittelmeer und andere, eher so die Pioniere, kletterten über die Alpen, so vor ca. 30.000 Jahren und kamen im Neandertaler Land an. Und das eine und andere Weibchen dachte sich: "Oh wie fein männlich diese wulstige Stirn und so herrlich aggressiv!" Und das eine und andere Homo Sapiens Männchen stand auf behaarte Brüste, und schon war der Schrecken nicht mehr aufzuhalten. Was bei dieser Genvermischung rauskam... Deren Nachfahren haben übrigens auch Amerika besiedelt.
Interessanterweise hat der Mittelmeer-Homo Sapiens auch Kriege geführt, aber auch die Zeit gefunden sich um Kultur, Pyramidenbau, Philosophie und den Bau von Aquädukten und Römischer Aquädukt bei Ars-sur-MoselleBadehäuser zu kümmern. Während die besetzten und auch wieder befreiten Kelten und Germanen mit dem mitgebrachten Fortschritt nichts besseres anzufangen wussten, als es auseinander zu kloppen um sich mit den Steinen die Schädel einzuschlagen. Um dann 1.500 Jahre später ganz stolz die erste Kanalisation zu präsentieren.

Aber genug davon! Vom Priesterwald aus ging es nach Pont-à-Mousson.
Vor meiner Abreise, habe ich Gott um einen starken Rücken und ein offenes Herz gebeten. Der Rücken macht hervorragend mit und was das offene Herz anheht, wurden mir bereits viele freundliche Begungen zu Teil. Aber vielleicht sollte ich meine Füße noch nach verhandeln. Die bringen mich um, okay umbringen nicht zwingend aber...
Und wenn nach verhandeln nicht geht, könnte ich meine Füße fragen, was sie mir sagen wollen, denn es wird auch nach einem Tag Pause nicht wirklich besser.
Zu viel Gewicht?
Weniger Gewicht, kann nur durch Verzicht auf das Zelt erreicht werden. Dadurch aber bin ich weniger autark, was bedeutet ich müsste mehr auf Menschen zu gehen, nach Unterkünften fragen, die idealer Weise privater Natur sind, da mir nicht ständig Hotels leisten kann. Puh Nähe, offenes Herz ...
Zu viel Kilometer am Tag?
Achtsamkeit?
Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Schmerzen weniger werden oder später anfangen, wenn ich bewusster gehe. Die einzelnen Schritte mehr wahrnehme.
Von Pont-à-Mousson bin ich jedenfalls mit dem Zug weiter gefahren, so dass ich gestern Donnerstag, 26.05. nur 7 km hätte laufen müssen. Hätte, wenn ich vom Bahnhof aus nicht in die falsche Richtung gegangen wäre.
Die Strecke heute nach Toul, werde ich auch noch mal fahren um dann in Toul zwei Tage mit Angela zu verbringen. Ich hoffe, dass sich die Füße danach erholt haben.
Und dann, dann wird es Zeit sich dem Weg als solches auch tatsächlich zu öffnen, was bisher nicht wirklich passiert ist. Gestern habe ich einen etwas älteren Pilger kennengelernt. Klaus aus dem Saarland, was der alles gelaufen ist in den letzten Jahren... Moselbrücke bei LiverdunWir haben hier auf dem Campingplatz zusammen zu Abend gegessen und uns eine Flasche Rotwein geteilt und er hat viel zu erzählen gehabt, was mich mental auch deutlich nach vorne gebracht hat, bzw. bringen kann. Der Campingplatz Le boucles de la Modelle, hat von mir glatte 5***** Sterne bei Facebook bekommen. Nicht für mdie sehr einfache Ausstattung, sondern für die unglaublich familiere Freundlichkeit des Betreiberehepaares.
Sooo... jetzt sehe ich mal zu, dass ich einen Zug nach Toul bekomme, denn noch wird gestrikt. Und in Toul hoffe ich, dass ein vernünftiges WLAN zur Verfügung steht, damit ich mal alles veröffentlichen kann.