Gasolin Alley Garage

Garage für angewandte Stressbewältigungstechniken, Tiefenentspannung und Metallmeditationen

Spricht man mit den beiden Schraubern der Duisburger Garage über den Auslöser ihrer Aktivitäten im Bereich der Metallbearbeitung, blubbernder Motoren und sich drehender Räder, erfährt man, dass sie von allem einmal zuviel gehört haben.

Erst mit der weiterführenden Erklärung beginnt sich das Fragezeichen im Kopf zum Ausrufezeichen zu wandeln und macht die Aussage in vielen Bereichen aus eigenen Erfahrungen leicht nachvollziehbar.

Von allem einmal zuviel bedeutet für die Freunde schlicht, das sie einmal zuviel "geht so nicht!", einmal zuviel "kann man so nicht machen!", einmal zuviel "zu aufwändig!", einmal zuviel "zu teuer!" gehört haben. Es bedeutet, dass sie einmal zuviel Opfer ihrer Elektronik überfrachteten Alltagsfahrzeuge oder ausgesprochen oberflächlich und lustlos arbeitender Fachwerkstätten geworden sind.

Am Ende langer Frust geprägter Diskussionen kamen sie zu dem Schluss das sie in all diesen Fällen besser selbst zum Werkzeug gegriffen hätten und da sie sich bereits seit über drei Jahrzehnten freundschaftlich verbunden fühlen, beschlossen die Beiden die finale Erkenntnis ihrer Diskussionen nicht einfach im Raum verklingen zu lassen, sondern den Gedanken zu schmieden solange er noch den Antrieb einer kraftvollen Unzufriedenheit in sich trug.

Als es ihnen also mit "von allem zuviel" zu viel wurde, beschlossen sie das Beste daraus zu machen, den Blick in ihre eigene motorisierte Vergangenheit zu lenken und jenseits des in der Gegenwart extrem angesagten Technik-Schnickschnacks etwas im Stil der alten Schule auf die Räder zu stellen. Kurze Zeit später wurde Peters Interesse vom einem ´69 Commodore Coupe geweckt. Die Kiste, die seiner Meinung nach die ideale Basis für ein erstes gemeinsames Projekt darzustellen schien, sollte mit zwei Motoren über eine allgemein bekannte Internetauktionsplattform zu Geld gemacht werden.   

Nachdem der Mitleid erregende Schrotthaufen zu einem günstigen Kurs erworben werden konnte, stellte sich jedoch heraus, dass das werkeln an vier Rädern im Gegensatz zum Zweirad ein deutliches mehr an Raum benötigte. Zwar verfügte man bereits über zwei Garagen zur Umsetzung kleinerer Projekte, doch da sich die Garagen in unterschiedlichen Stadtteilen befanden und nur eine über einen Stromanschluss verfügte, wurde schnell klar das man sich zur Umsetzung des geplanten und zukünftiger Projekte nach einer deutlich besser geeigneten Räumlichkeit würde umsehen müssen.  

Während sich in den Garagen die Teile für das Coupe und Peters diverser Motorradideen, die ihn zum Leidwesen seines Partners auf Teilemärkten spontan zu befallen pflegen und an denen er in der Folge aus unterschiedlichsten Gründen nicht vorbeigehen kann, den Platz streitig machten, stellte sich der Duisburger Markt für XXL Garagen mit Strom und einem Mindestmaß an Atmosphäre als eher nicht geboten dar. Nachdem man einige Garagen besichtigt hatte, deren XXL Maße sich ausschließlich auf eine XXL Höhe und weniger auf tatsächlich nutzbare Ausdehnung in Breite und Tiefe bezog, gab man in der Hoffnung auf nun zahlreich eintreffende Angebote im örtlichen Anzeigenblättchen eine eigene Anzeige auf.

Gesucht wurde eine Doppelgarage mit Strom für maximal 150,- Euro. Die Anzeige lief 6 Wochen, lediglich ein nettes älteres Ehepaar meldete sich. Man verfüge über eine ruhig gelegene große Garage und suche für diese nach einem ruhigen Mieter. Also nicht die ideale Ausgangssituation für ambitionierte Schrauber, die mit der Flex bewaffnet darauf warteten diverse Bleche und Rahmen in Form bringen zu können.

Die angebotene große Garage entpuppte sich als das Drittel einer ehemaligen Schlosserei, die sich nun im Wandel der Zeit tatsächlich in einer der eher ruhigen Wohngegenden der Duisburger Innenstadt lag, dem Gesuchten von der Forderung nach Ruhe einmal abgesehen jedoch optimal entsprach. Bis die beiden neuen Mieter ihren ganzen Krempel aus allen Ecken zusammengesucht hatten, sich in ihrem neuen Domizil häuslich einrichten und die ersten Projekte auf den Weg bringen konnten, sollten allerdings noch einige Monate ins Land ziehen, dann jedoch gab es kein halten mehr.

Das Commodore Coupe bildet als Langzeitprojekt das zentrale Thema der Garage um das sich in loser Folge das Thema der Zweiradaufbauten rankt, bei denen man sich keiner besondere Marke verpflichtet fühlt, sondern zu dem greift was anspricht, inspiriert, günstig in der Anschaffung ist und am Ende ein zufriedenes Lächeln in das Gesicht der Schrauber zaubert.

So weißt der Fuhrpark der Garage im Augenblick drei Zweiräder auf. Während die ´73 Honda SL 125 S das Flower Power Lebensgefühl der 70ger Jahre transportiert, entstand die ´80 Yamaha DT 50 M weil sich Peter langweilte und durch das Moped an seine Jugend und die Zeit auf den Zeltplätzen am Niederrhein erinnert wurde. Die ´59 AWO 425 Touren symbolisiert die Summe abschreckender und gescheiterter Projektbeispiele. Etwas von dem man besser die Finger gelassen hätte. Sie entstand in einer überaus kostspieligen Zusammenarbeit mit einer Dinslakener Meisterwerkstatt, die sich nach eigener Aussage der Pflege und dem Erhalt der Motoren alter Schule verschrieben hat und den Aufbau schlussendlich in Form einer unbeschreiblichen Lust- und Phantasielosigkeit über einen Zeitraum von sage und schreibe drei Jahren soweit verbastelte, das sich die angestrebte TÜV Abnahme als unmöglich erwies und sich das Projekt schlussendlich zu einem Fall für den Anwalt wandelte.

Das aktuelle Projekt wurde unter dem Arbeitstitel "44 Zoll für 3000,- €" aus der Taufe gehoben und wird auf der Rahmenbasis einer ursprünglich in den USA gefahrenen ´81ger XS 650 realisiert, der seinen Weg über einige Umwege in die Duisburger Gagrage gefunden hat.

Nachdem die Ära der extrem breiten Räder durch die Ära der Räder mit extremen Durchmesser abgelöst wurde und diese das Interesse des ambitionierten Garagenschraubers weckte, informierte sich Peter nur so zum Spaß über die Preise, die in der Customszene für ein solches Rad veranschlagt wurden. Die ersten 23 Zoll Vorderräder die die Welle der XXL Räder ins Rollen brachten, bewegten sich in einem Kostenrahmen von 2500,- bis 3500,- Euro. Eine beeindruckende Summe angesichts derer sich Peter zu der Aussage verstieg für 3000,- Euro ein komplettes Motorrad inklusive eines 23 Zoll Vorderrades aufbauen zu können und Frank Bick von den Motorradphilosophen ihn mit einem schlichten "will ich sehen!" an den Haken einer verbindlich zu erbringenden Leistung nahm.

Peter bewegte sich lange genug in der Szene um sich daran zu erinnern, das Honda bereits in den 80gern eine seiner XL Enduros auf ein damals mitleidig belächeltes 23 Zoll Vorderrad gestellt hatte und wurde bei einer entsprechenden Recherche im Internet auch umgehend fündig. Über die oben bereits erwähnte Internetauktionsplattform konnte er sich ein solches Rad für unglaubliche 45,- Euro sichern und brachte so sein Vorhaben auf den Weg, das gesamte Projekt für den Mittelwert eines heute gefertigten 23 Zoll Rades auf die Räder zu stellen und weil sich in der Teileecke der Garage auch noch eine gut erhaltene 21 Zoll Felge fand, stand damit die Abmessung des Hinterrades ebenfalls fest und erklärt gleichzeitig wie Peter auf die 44 Zoll im Projektnamen kommt.
 
Da er bereits seit längerem plante etwas auf der Basis einer XS auf die Strasse zu bringen, entschied er sich dazu sich in Bezug auf weitere Teile in Richtung des beliebten Paralleltwins aus dem Land der aufgehenden Sonne zu konzentrieren. Eine Entscheidung, die er angesichts der auf dem Gebrauchtwarenmarkt in Mengen und zu relativ günstigen Preisen angebotenen Teile nicht bereute. Der Rahmen mit Brief schlug mit 101,- Euro zu Buche, den Motor inklusive  angeflanschter Vergasereinheit konnte sich der Schrauber für schlappe 461,- Euro sichern. Alles weitere besorgt er sich auf Märkten, greift gerne schon mal in der Sanitärabteilung ins Baumarktregal, bedient sich auf Schrottplätzen oder dengelt sich das eine oder andere Teil auch schon mal im Schmiedekurs der VHS. Über allem stehen die Gebote der Garage und deren strickte Beachtung und Einhaltung.

 

  1. Jedes Fahrzeug das nach seiner Umgestaltung durch das Tor der Gasolin Alley rollt, muss ohne wenn und aber TÜV Konform und damit Straßen tauglich sein.
  2.  Der Verwendung von Kunststoffteilen und elektronisch gesteuerten Gimmicks ist streng verpönt.
  3. Alles was selbst gemacht werden kann, wird auch selbst gemacht.
  4. Ist man gezwungen auf fachkundige Unterstützung zurückzugreifen, hat sich diese auf das Nötigste zu reduzieren.    

Neben der praktischen Arbeit in der Garage beteiligt sich Peter seit einiger Zeit zunehmend an der inhaltlichen Gestaltung der Webseite der  Motorradphilosophen und füllt dort unter anderem die von ihm ins Leben gerufene Rubrik der "Gasolin Alley" und der "Zweiprozenter" mit Texten und Bildern zu Motorrad Auf- und Umbauten in Stil der alten Schule, Hot Rods und den damit einhergehenden Inhalten der Kustom Kulture. Wer Interesse daran hat die Fortschritte der XS im World Wilde Web zu begleiten, erhält auf der Seite der Motorradphilosophen die Gelegenheit dazu.

Text: Hans Markus - Fotos: Frank Bick