Der Traum vom Easy Rider im Revier

Text und Fotos: Peter Su Markus
Immer wieder hört man von einer dieser „Never Ending Storys“ von Einem der auszog, um sich aus einem Haufen Schrott seinen persönlichen motorisierten Traum auf die Räder zu stellen. Doch die Tage, an denen man darauf hoffen konnte, in irgendeiner abgelegenen Scheune auf vergessenes Juwel früherer Generationen zu stoßen und dieses für ein Taschengeld mit in die eigene Garage zu ziehen, sind längst gezählt.

Auch ohne die inzwischen fast allabendlich über die Mattscheibe abrufbaren Aufbauorgien von Lina van de Mars, den Jungs von West Coast Customs oder den Teutuls, weiß heute selbst der einfälltigste Scheunenbesitzer welche Werte er in der selben stehen hat.

So könnte man zu dem Schluss kommen, dass jemand, der von einem eigenen Aufbau seines Traumbikes auf der Basis einer Harley Davidson träumt, ohne auf ein Bike von der Stange zurückgreifen zu wollen und weder über das technische Know-how noch über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, vor einer ganzen Menge unlösbarer Probleme steht.

Doch Hans es sich in Bezug auf die Unwägbarkeiten die ihm auf seinen Lebensweg begegnen zur Angewohnheit gemacht hat Probleme statt als Hindernisse eher als Möglichkeiten zu sehen, sah er in ihnen nichts, was ihn von der Realisierung seines Traums abhalten könnte.

Eine Bekannte, die für einen Ruhrgebietsverlag arbeitete, der für die Erweiterung seines Verlagsprogramms nach möglichen neuen Themen suchte, brachte ihn auf die Idee, die Porträts einiger „knorriger“ Biker und ihrer Bikes zu einem Buch zusammenzufassen. Als sich die Gespräche mit der Verlagsleitung immer weiter in die Länge zogen, ohne das es zu einem konkreten Ergebnis kam, beschloss Hans kurzerhand seinen eigenen, seit Jahren gehegten Traum auf die Räder zu stellen und dessen Umsetzung in Buchform zu begleiten.

In seiner Garage standen neben einer ´95 Sportster und einer ´78 SR 500 noch zahlreiche Kisten voller Teile, die man dank eBay in kürzester Zeit zu Geld machen könnte. Und wenn man die Auktionsplattform bereits nutzte um sich mit dem nötigen Kleingeld für den Aufbau zu versorgen, liegt der Gedanke nahe, dort auch gleichzeitig nach geeigneten Teilen zu suchen.

Also wanderten auf diesem Weg im Gegenzug für die verkauften Bikes und Teile, neben einem alten Starrahmen mit einer `51 Zulassung und noch gültigem TÜV, gleich auch der Tank, der Öltank und eine Menge benötigter Kleinteile aus dem eBay Paradies ins Regal der eigenen Garage.

Der Early Shovel Motor wurde ebenfall für verhältnismäßig kleines Geld auf einer Internetverkaufsplattform gefunden und das gesamte Heck mit der im Brief eingetragenen 15 Zoll Felge und dem 205er Autoreifen, dem Ritzel und der dazugehörigen Ritzelbremse, konnte in der Folge günstig vom Verkäufer des Rahmens übernommen werden.

Für den gesamten Vorderbau, mit dem 21 Zoll Vorderrad, der Fischer Gabel, dem Z Lenker von V Team und der Lampe musste quasi als Organspende die Front der Sportster herhalten.

Für die Montage zeichnete dann Jo, seines Zeichens Chef von Jo´s Garage verantwortlich. Als Freund alter Harley Aggregate stand er den Wünschen seines Kunden von Anfang an mit einem offenen Ohr gegenüber und war Aufgrund seiner technischen Fähigkeiten dazu in der Lage das gesamte Projekt in eine geordnete Richtung zu lenken.

Wie nötig solche Fähigkeiten in den Zeiten des Aufbaus noch werden sollten, zeigte sich bereits bei der ersten Sichtung der bunt zusammen gewürfelten Komponenten. Keines der Teile würde sich ohne Widerstand in das Gesamtbild fügen und da Hans besonderen Wert auf den späteren Segen des „Technischen-Überwachungs-Vereins“ legte, musste jeder Schritt genau überlegt sein.

Das frühe Baujahr des Rahmens und das einigermaßen dazu passende Alter des Motors sollten später einige Diskussionen mit dem Prüfer vereinfachen. Dem Aufbau selber kam es allerdings nicht zu gute. Das bereits komplette Frontend an den Rahmen zu bekommen, war mit Hilfe einiger Modifikationen kein Problem und gehörte damit noch zu den leichteren Übungen.

Das Versetzen des Motors und des Getriebes forderte bereits größeres Geschick. Beide mussten ein gutes Stück nach links versetzt werden, um der Autofelge einen mittigen Lauf im Rahmen zu gewährleisten. Den ursprünglichen Gedanken, einen 3 Zoll Belt zu verbauen, ließ man Aufgrund des damit verbundenen Kostenaufwandes wieder fallen.

Das ebenfalls bei eBay geschossene 4 Gang Getriebe würde sich nur mit einem 1,5 Zoll Belt verbauen lassen. Alles andere würde das ganze Getriebe oder zumindest sein Gehäuse in Frage stellen. Am Ende zeigte die gelungene Optik, dass der Entschluss dem alten Getriebe die Treue zu halten, der Richtige war.

Nachdem die Frage des Antriebs geklärt war, machte sich Jo daran, den Rahmen von allem Überflüssigen zu befreien und alle erforderlichen Blechteile in ihre endgültige Form zu bringen.

Die Zeit in der die Teile darauf warteten beim Kunststoffbeschichter in mattes Schwarz getaucht zu werden, nutzte Jo dazu, den Motor und das Getriebe komplett zu zerlegen und zu überholen. Für das Getriebe waren dabei lediglich neue Lager fällig. Der Motor erhielt, neben der üblichen Überarbeitung der Zylinder und der Köpfe, ebenfalls neue Lager und eine neue Nockenwelle. Da es Hans mehr um den Erhalt des Alten ging als mit Leistung zu protzen, konnte man bei den Neu zu verbauenden Teilen auf altbewährten Standart zurückgreifen und bewegte sich damit in einem kostenmäßig ausgeglichenen Rahmen.

Den Platz der alten Ölpumpe nahm eine neue S&S Pumpe ein und die Zündanlage wurde durch einen Morris Magneto ersetzt. Damit konnte auf die Batterie verzichtet und das Batteriefach im Öltank dazu genutzt werden, die restliche Elektrik, Schalter und Sicherungen aufzunehmen. Als Vergaser kam für Hans nur ein klassischer SU Vergaser in Frage, den er ebenfalls bei eBay für kleines Geld ersteiget hatte und der, weil er komplett vermurkst war, Jo einiges an Einstelloptimierung abverlangte, bis er ohne Mucken seinen Dienst verrichtete.

Die Kabel wurden soweit wie möglich in das Innere des Rohrwerks verlegt und die RST Rastenanlage an die Suizidschaltung und vor allem an die Körpermasse des nicht gerade kleinen Besitzers angepasst.

Für die Gestaltung des Sitzes zeichnet kein geringerer als Armin Dobstetter verantwortlich und die Flammen und den Erinnerungsgruß an Indian Larry, den 2004 verunglückten Meister der alten Schule, brushte Mister X auf den Tank.

Als nach gut einem Jahr Aufbauzeit das Bike von Jo vor die Werkstatt gerollt wurde, zauberte er damit ein zufriedenes Lächeln in Gesicht aller Anwesenden und konnte mit dem Eintrag „Traum erfüllt“ das Projekt abschließen.